Mein Podcast: DEBATTE ZU DRITT
In diesem Podcast diskutiere ich über grundsätzliche Fragen aus Politik und Gesellschaft – jeweils mit einer Frau und einem Mann. Jeden Monat schalte ich zwei neue Debatten auf. Diese Gespräche führe ich mit Personen des öffentlichen Lebens, die selbst im Thema tätig sind. Ihre Perspektiven sind persönlich, führen über das Tagesgeschehen hinaus und öffnen einen weiteren Horizont.
Das Thema meiner neusten Debatte ist:
Wird Europa bis 2050 klimaneutral? – An welchen Problemen kann das scheitern?
2019 legte die EU mit dem „Green Deal“ das Ziel fest, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Bis 2030 sollen dafür die Treibhausemissionen im Vergleich zu 1990 um 55% reduziert werden („fit for 55“). Im Zentrum steht der Energiesektor, der heute für 3/4 der Schadstoffemissionen verantwortlich ist. Putins Krieg hat das ambitiöse Ziel zusätzlich belastet. Für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen (heute 70% der Primärenergie) soll bis 2035 die EU-Stromproduktion um ein Drittel gesteigert und bis 2050 sogar verdoppeln werden. Das verlangt einen massiven Ausbau des Stromanteils am EU-Energiemix von heute einem Viertel auf 60% bis 2050.
Wie – oder ob – die Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden kann, diskutiere ich mit Günther Oettinger, dem früheren Vizepräsidenten der EU-Kommission und EU-Energie-Kommissar, und der Politikwissenschaftlerin, Energie- und Klimafachfrau Susanne Nies. Beide äussern sich trotz vieler offener Fragen zuversichtlich. Oettinger unterstreicht dabei aber den globalen Kontext: Der Emissionsanteil der EU liegt bei 8%, jener der USA bei 15% und von China bei 33%. China und Indien planen ihre Klimaneutralität erst für 2060, bzw. 2070, was zu einer Verlagerung der Grundstoffindustrien dorthin führen könne.
Als europaweites Projekt hängt Klimaneutralität von der koordinierten Lösung zahlreicher wirtschaftlicher, technischer, administrativer und politischer Probleme ab. Das alles funktioniere, so Oettinger, „nur europäisch, es gibt viel zu viele nationale Alleingänge und Egoismen“. Zu den Problemfeldern:
Geld: Die Finanzierung – man spricht von einer Billion Euro – hängt nicht nur vom tatsächlich bestehenden politischen Willen ab; Oettinger schätzt den öffentlichen Anteil auf etwa ein Drittel – „zwei Drittel müssen durch kluge Regulierungen vom Markt kommen.“ Die hohen Kosten rechtfertigen sich, so Nies, im Vergleich mit den „Kosten, wenn wir nichts tun, als Folge all der schnellen Veränderungen des Klimas“.
Industrie: Oettinger verlangt eine kluge Balance zwischen Umwelt- und Industriepolitik, um den europäischen Produktionsstandort zu sichern. Er ist aber sehr skeptisch, ob ein handelspolitischer Schutz vor emissionsbelasteten Importen, wie von Nies argumentiert, machbar sei. Europa könne jedoch mit der Energiewende technologisches Vorbild werden und andern Ländern Technologien anbieten. In dieser Technoligieentwicklung sieht Nies, die „unglaubliche Chance“ für unseren Industriestandort.
Heizen verursacht 1/6 des CO-2-Aussstosses in Deutschland. Deshalb ist geplant, die Zahl der energetischen Gebäudesanierungen bis 2030 zu verdoppeln und Heizungen auf Wärmepumpen umzustellen. Die Heizungsdebatte sei deshalb, so Nies, „absolut richtig, aber die Art wie es vermittelt wurde, war eine absolute Katastrophe, das kam rüber als Verbot.“ Deshalb argumentiert auch Oettinger generell für „marktwirtschaftliche Lösungen im Regelfall“, insbesondere durch eine CO-2-Bepreisung (ETS) und für „Gebote und Verbote nur im Ausnahmefall.“
Mobilität: Der Strassenverkehr verursacht 1/5 des CO-2-Ausstosses. Ab 2035 werden in der EU keine neuen Verbrenner mehr zugelassen. Schon 2030 müssten e-Autos schon 60% des Fuhrparks erreichen. Aber „hier redet man, um eins zu eins Autos durch e-Autos zu ersetzen“, so Nies, anstelle eines Strategiewechsels zugunsten der Bahn.
Ausbau der Produktionskapazitäten und Infrastruktur: Allein in den nächsten acht Jahren sollen die Photovoltaik-Kapazitäten verdreifacht und die Off-shore Wind-Kapazitäten verfünffacht werden. Die massive Ausbau der Stromproduktion ist auch für die Wasserstoffwirtschaft notwendig. Der durch Elektrolyse mithilfe erneuerbarer Energien hergestellte grüne Wasserstoff gilt als Triebfeder der Energiewende, da mit Wasserstoff Elektroenergie gespeichert werden kann, was bisher nur durch Stauseebecken möglich ist. Für den Transport von Wasserstoff sei aber, so Oettinger, noch nicht klar, ob die bestehenden Gasleitungen dafür genutzt werden können.
Übertragungsnetz: Der massive Energiebedarf und die wachsenden Transporterfordernisse wegen unterschiedlicher Verbrauchs- und Erzeugungsorte (Offshore) wird das Übertragungsnetz zu einem zentralen Engpass des Energieumbaus. „Die Effizienz unserer Stromnetze ist eine Katastrophe, weil Technologien nicht eingesetzt werden, um Stromnetze optimal zu nutzen“, so Nies. Entscheidend für die Konsumsteuerung seien Smart-Meters, damit der Verbrauch in Kenntnis der Kosten erfolgt. „Wie kann es denn sein, dass in diesem Land alle Stromzähler fast alle analog sind.“ Auch Oettinger kritisiert: „Unsere Netze sind technologisch und digital nicht genügend versiert, das gilt auch für die Verteilnetze auf den letzten Metern.“ Durch den Ausbau der Wärmepumpen und E-Mobilität werden „unsere Bestandsnetze in den Städten und Gemeinden völlig überlastet.“ Für den grenzüberschreitenden Stromaustausch ist Oettinger hingegen optimistischer: „Wir sind heute viel weiter als vor 20 Jahren“, das habe sich vor allem in der Zusammenarbeit mit Frankreich im letzten Winter gezeigt.
Energie-Binnenmarkt und Ukraine: Ein erfolgreicher „Green Deal“ verlangt die Vollendung des Energiebinnenmarkts. Da sei, so Nies, „schon sehr viel passiert (..) Europa ist immer dann vorangekommen, wenn es eine grosse Krise gab.“ Als eindrückliches Beispiel führt Oettinger die Ukraine und die „grandiose Ingenieurleistung (auf), dass man mitten im Krieg die Integration ins europäische Stromnetz geschafft hat und es funktioniert.“ Trotz der russischen Angriffe, glaube er, „dass die Ukraine in diesem Krieg bezüglich Strom und Gas keinen grossen Schaden nehmen wird“. Trotzdem, so Nies, „sind die grossen Umspannwerke kaputt (..) und wir sehen in der Ukraine 500´000 10-MW-Dieselgeneratoren und das ganze Land stinkt nach Diesel“.
Ohne Rahmenabkommen bleibt die Schweiz ohne Stromabkommen. Das gefährdet die Versorgungssicherheit und führt zu hohen Kosten. Das ausgehandelte und dann von Bern abgelehnte Rahmenabkommen sei, so Oettinger, eine Chance, ein Zeitfenster gewesen, „das Zeitfenster ist zu. Bis zu den europäischen Wahlen (Juni 2024) wird gar nichts mehr geschehen. (..) mit gutem Willen könnte man 2025 ein Rahmenpaket mit einem Stromabkommen beschliessen. Besser spät als nie.“ Bis dann „Notlösungen, Übergangslösungen, kein effizientes Europa“.
Zuvor habe ich folgende 37 Debatten geführt, die online zu hören sind:
- Hat Sozialdemokratie Zukunft? –Mit Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP-Schweiz und Norbert Walter-Borjans, Co-Vorsitzender der SPD.
- Film, Kunst & Moral– Mit Martina Gedeck, deutsche Schauspielerin und Stefan Haupt, Schweizer Filmemacher
- Staat, Kultur & Cancel Culture – Mit Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien der deutschen Bundesregierung und Adolf Muschg, Schweizer Schriftsteller
- Überleben Rechtsstaat und Demokratie,wenn Wahrheit und Vertrauen erodieren?– Mit Samir, Filmemacher und Sibylle Lichtensteiger, Leiterin des Stapferhauses Lenzburg.
- Verpasst die Schweiz die Chance ihrer Italianità?– Mit Marina Carobbio, Tessiner Ständerätin, und Marco Solari, Präsident des Filmfestivals Locarno
- Ist eine Mitte-Links-Allianz möglich?– Mit Daniel Jositsch, Zürcher Ständerat und Laura Zimmermann, bis vor kurzem Co-Präsidentin der Operation Libero
- Ist Gleichstellung ein Männerproblem?“– Mit Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin des Frauendachverbandes alliance F und Markus Theunert, Gründungspräsident von Männer.ch
- Wer ist schuld am Rechtspopulismus?– Mit Nationalrätin Nadine Masshardt und Roger de Weck, Autor von “Die Kraft der Demokratie – eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre“ (Suhrkamp 2020)
- Sicherheitspolitik: Rüsten wir uns für den letzten Krieg oder gegen die Gefahren der Zukunft? mit Nationalrätin Priska Seiler-Graf und Hans-Peter Bartels, der bis vor kurzem Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages und zuvor Bundestagsabgeordneter war
- Überlebt die nationale Identität in der Migrationsgesellschaft?– mit dem Schriftsteller Lukas Bärfuss und der Migrationsforscherin Naika Foroutan.
-
Ist die Schweiz noch reformfähig? –mit Monika Rühl, Direktorin von Economiesuisse und Peter Grünenfelder, Direktor von Avenir Suisse.
- Lügt die Politik? mit Jacqueline Fehr, Regierungsratspräsidentin des Kt. Zürich und Georg Kohler, emeritierter Philosophieprofessor der Uni Zürich.
- Soll uns das Museum erklären, wer wir sind? – Denise Tonella, Direktorin des Schweizerischen Nationalmuseums und Raphael Gross, Präsident des Deutschen Historischen Museums.
-
„Brauchen wir eine Brandmauer zwischen Antisemitismus und Israelkritik?“ mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der früheren deutschen Justizministerin, und Abraham Lehrer, dem Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland.
-
Médicaments contre les otites timguldimann.ch/accutane-suisse-achat/ Traitement des ongles incarnés
médicament anti nausée timguldimann.ch/cialis-suisse-achat/ définition intermédiaire
type de réparation Traitement des poux à la maison. timguldimann.ch/colchicine-suisse-achat/ Traiter un nez bouché
Traitement des pellicules à la maison médecine contre les brûlures d’estomac timguldimann.ch/super-kamagra-suisse-achat/ substances inflammables
médecine secondaire timguldimann.ch/valtrex-suisse-achat/ Remèdes naturels pour le TDAH„Sind Gerichtsklagen ein zweckmässiges Kampfmittel gegen den Klimawandel?“ – mit der ehemaligen Richterin am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof Prof. Helen Keller & Prof. Peter Hettich (Uni St.Gallen). -
„Kann Emmanuel Macron nach seinem Wahlsieg das Tandem Paris-Berlin zum Motor der europäischen Erneuerung machen?“ – mit Michaela Wiegel, der langjährigen FAZ-Korrespondentin in Paris, und dem schweizerischen Publizisten Joseph de Weck
-
„Putin und die Rückkehr der Einflusssphären in der Geopolitik“ mit dem Politikwissenschafter Herfried Münkler und Daniela Schwarzer, Exekutiv-Direktorin der Open Society Foundations.
-
„Wie prägt die familiengeschichtliche Erinnerung nationale Politik?“ – mit der deutschen Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann und dem Schweizer Historiker Thomas Maissen
- „Deutschschweiz-Baden-Elsass-Liechtenstein-Vorarlberg: Können alemannische Gemeinsamkeiten Landesgrenzen überwinden?“ mit Rita Schwarzelühr-Sutter und Thomas Pfisterer
- „Kann die EU in ihrer Geschlossenheit gegen Putins Krieg die Integration vertiefen und in Polen und Ungarn den Rechtsstaat durchsetzen?“ mit der Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barley und dem polnischen Rechtsprofessor Fryderyk Zoll.
- „Hält sich die Werbung an Moral und Ethik? Mit Annette Häcki, Initiantin des „Gislerprotokolls“ und David Schärer, „Werber des Jahres“ 2022.
- „Ist die Schweiz noch konkordanzfähig“ mit Regula Rytz, ehem. Nationalrätin und Parteipräsidentin der GRÜNEN, und dem NZZ-Chefredaktor Eric Gujer.
-
„Hass im Netz – Was können wir tun?“ – mit Renate Künast, Mitglied des deutschen Bundestages und frühere Bundesministerin, und dem deutschen PublizistenHasnain Kazim
-
„Afghanistan: Das Desaster der westlichen Intervention – Was tun?“ – mit der Fernsehjournalistin Katrin Eigendorf und dem Afghanistanspezialisten Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network
-
„Ukrainekrieg: Wie sich die Gesellschaften der früheren „Brudervölker“ entfremdet haben“ mit Ina Ruck, Leiterin ARD-Büros Moskau und Alexander Hug, langjähriger Leiter der OSZE-Mission in der Ukraine.
-
„Documenta Kassel, Biennale Venedig, Art Basel – Unterwirft sich die Kunst dem politisch-moralischen Zeitgeist?“ mit der Schweizer Kunsthistorikerin JacquelineBurckhardt und dem Kurator und Ausstellungsmacher Raphael Gygax.
-
„Ist die Ostpolitik der SPD gescheitert?“ –mit Rolf Mützenich, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag und der Osteuropakorrespondentin Sabine Adler.
-
„Wie erklären sich die Sympathien islamischer Länder für Putins Angriffskrieg?“– mit Isabelle Werenfels und Reinhard Schulze
-
Führt der Ukrainekrieg zu einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur? –Jana Puglierin vom European Council on Foreign Relations, und Roderich Kiesewetter, Mitglied des Bundestages und früherer Generalstabsoberst der Bundeswehr.
- Opfern wir die Menschenrechte wirtschaftlichen und politischen Interessen? – mit der Bundestagsabgeordneten Derya Türk-Nachbaur und Wenzel Michalski, dem Deutschlanddirektor von Human Rights Watch.
- Hat die schweizerischer Neutralität Zukunft? – mit der Nationalrätin Sarah Wyss und dem ehem. Diplomaten Paul Widmer
- Können Gesellschaften aus der Geschichte lernen? – mit der Schriftstellerin Eva Menasse und dem Dichter Durs Grünbein.
- Die verkannte Bedeutung des Dualen Bildungssystems für den wirtschaftlichen Erfolg – mit Ursula Renold, für Bildungssysteme ETH und Rudolf Strahm, ehem. Nationalrat.
- „Auschwitz liegt auch in der Schweiz“ – mit Jacques Picard, Präsident der Stiftung jüdische Zeitgeschichte der ETH-Zürich und Dina Wyler, ehem. Leiterin der Stiftung gegen Antisemitismus und Rassismus.
- “Was ist das konservative Projekt für ein modernes Deutschland?” – Mit dem CDU-Kanzlerkandidaten von 2021 Armin Laschet und Frau Prof. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing.
- „Kann nach Jahrzehnten von Krieg und Gewalt im Irak und in Algerien ein Weg zu innerer Stabilität und nationaler Verständigung gefunden werden.?“ – Mit der Nordafrikaexpertin Isabelle Werenfels und dem Orientalisten Daniel Gerlach.
- “Frau, Leben, Freiheit !” – Führt die iranische Protestbewegung in die politische Blockade oder steht das Land in einem revolutionären Umbruch? – mit der iranischen Künstlerin Parastou Forouhar und dem deutsch-iranischen Politologen Ali Fathollah-Nejad
Die Debatte zu Dritt wird in Zusammenarbeit mit www.journal21.ch publiziert. «Journal 21» ist eine Internetzeitung, die von erfahrenen Journalisten gemacht wird, die für die grossen Medienhäuser in der Schweiz gearbeitet haben.
Wenn es Euch gefällt, bin ich für eine Weiterempfehlung dankbar – auch für Vorschläge zu künftigen Debatten.
Tim Guldimann
tim@guldimann.eu – 0049.176.213.58.193 – 0041.79.703.30.61
Jetzt hören auf: